Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,
das Jahr neigt sich dem Ende zu und Weihnachten steht vor der Tür.
Wir blicken auf ein herausforderndes Jahr für den Markt Garmisch-Partenkirchen zurück. Neben der Debatte um die Zukunft der Obdachlosenunterkunft, das Kongresshaus, der Sanierung der Grund-und Mittelschulen sowie den vielen anderen wichtigen Themen möchte ich in diesem Brief an Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger auf eine weniger sichtbare, dafür umso stärkere Herausforderung unseres Ortes und unserer Gesellschaft aufmerksam machen –
auf die Einsamkeit.
Einsamkeit hat viele Gesichter. Aber gerade in dieser Zeit, kurz vor Weihnachten und dem Jahreswechsel, ist das Thema aktueller denn je.
Einsamkeit betrifft zwar alle Altersgruppen, besonders aber Seniorinnen und Senioren. Der Anteil der über 65-Jährigen im Markt Garmisch-Partenkirchen liegt bei 30 % (Bayerisches Landesamt für Statistik, Heft 553).
Mir ist es ein besonderes Anliegen, Einsamkeit entgegenzuwirken
Daher freue ich mich, dass das im April eröffnete und fertiggestellte LEIFHEIT-Zentrum im Herzen von Garmisch schon jetzt ein besonderer Ort für alle geworden ist. Die Longleif-Projekte sind für Garmisch-Partenkirchen ein großer Gewinn. Dieser besondere Ort bietet Raum, um zusammen zu kommen. Auch die Ratsch-Bankerl-Aktion der Zugspitz-Region leistet hier ihren Beitrag.
Der Raum und die Menschen sind es, welche der Einsamkeit entgegenwirken können. Gerade das Ehrenamt bringt Menschen zusammen. Und hier sind wir in Garmisch-Partenkirchen unglaublich breit aufgestellt. Ihnen alle, liebe Ehrenamtliche, sei es in Vereinen, Verbänden oder in Privatinitiativen, möchten wir für Ihren stets großen Einsatz unseren Dank sowie unsere ehrliche Wertschätzung aussprechen.
Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger möchte ich zu Weihnachten nicht nur in meiner Amtsfunktion als Erste Bürgermeisterin, sondern ganz persönlich als Mensch begegnen und Ihnen folgenden Brief vom 20. November 1944 näherbringen:
„Meine liebe kleine Rosemarie! Am 8. Dezember ist Dein Geburtstag. Ich wünsche Dir zu diesem Tag alles Gute, Gesundheit und ein sehr langes Leben. Es ist schade, daß ich an Deinem Geburtstag nicht daheim sein kann. Bis zu Deinem nächsten Geburtstag im Jahr 1945 wird dann der Krieg aus sein, dann können wir ihn wieder zusammen feiern. Weihnachten möchte ich so gerne heimfahren, ich weiß aber nicht, ob ich Urlaub bekomme. Schreibe Du an das Christkind ein schönes Brieflein, es soll Dir auf Weihnachten Deinen Vater heimschicken. Recht viele Bussi und Grüße von Deinem Vater.“
Der Vater diente während des II. Weltkrieges als Forstmeister in Polen und wurde am 30. Januar 1945 auf der Flucht erschossen.
Rosemarie war meine Mutter, sie hat ihren Vater nur ein einziges Mal bewusst gesehen.
So ist auch meine verstorbene Mutter und deren Erinnerung an ihren Vater bei mir an Weihnachten in meinem Herzen präsent. Zeit ihres Lebens hat diese so starke Frau immer wieder erzählt, dass sie die anderen Kinder beneidet hat – nicht um die Geschenke, die ihnen das Christkind gebracht hat – sondern darum, dass diese Väter hatten, die bei ihnen an Heilig Abend waren.
Ich selbst habe das Glück mit meinen Liebsten bei Würstl, Kartoffelsalat und Brezen die Ankunft des Herrn feiern zu dürfen – ein Glück, welches nicht selbstverständlich ist und wofür ich unendlich dankbar bin.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, zum bevorstehenden Weihnachtsfest wünsche ich Ihnen im Namen des Marktes Garmisch-Partenkirchen, wie auch persönlich, frohe und besinnliche Feiertage, in denen das Positive und die Freude an großen aber auch den kleinen Dingen des Lebens vorherrscht, in denen Zeit zum Erinnern ist. Sich Erinnern an das vergangene Jahr, aber auch sich Erinnern an das Vergangene, an Erlebnisse und Geschichten unserer Eltern und Großeltern, die uns prägen und nicht vergessen lassen.
Ihre
Elisabeth Koch
Erste Bürgermeisterin